Hallo Kleingärtner, ich möchte mich Euch vorstellen:

„Apis mellifera“, die westliche Honigbiene.

Bienenwabe

Seit Mai 2020 lebe ich mit meinem Volk in eurer Nähe. Im Gegensatz zu meinen wild lebenden Verwandten werde ich von einem Imker betreut und wenn nötig versorgt.

Ich gehöre der größten Tiergruppe aller Lebewesen an, den Insekten.
Insekten gibt es bereits seit 400 Millionen Jahren auf dieser Erde, also noch deutlich vor den Dinosauriern. Wir Honigbienen haben uns dann vor 35 Millionen Jahren entwickelt.

Mein Körper hat drei Segmente: Kopf – Brust – Hinterleib.

Am Kopf befinden sich zwei Fühler mit denen ich tasten und riechen kann. Als Mundwerkzeug einen Saugrüssel mit Zunge zur Nahrungsaufnahme und eine Kieferzange für anfallende Arbeiten im Bienenstock, meinem Zuhause. Da ich meine Welt durch andere Augen als die des Menschen erblicke, habe ich gleich fünf davon. Drei einfache kleine Punktaugen auf der Stirn zum Hell-Dunkel-Sehen, sowie seitlich je ein großes aus vielen Facetten bestehendes Komplexauge. Damit kann ich zwar nicht besonders scharf sehen, kann aber schnelle Bewegungen wahrnehmen und darauf reagieren. Selbst im schnellen Flug erkenne ich die detailreichen Muster der Blüten. Auch Farben kann ich gut erkennen, aber meine Wahrnehmung der Farben aus dem menschlichen Farbspectrum ist eine andere. Auch sehe ich Farben, die den Menschen verborgen bleiben. So zum Beispiel das ultraviolette Licht, welches auch von Blütenblättern reflektiert wird. Dieses UV-Licht hilft mir rote Blüten zu erkennen, da ich Rot nicht sehen kann. Bei meinen Flügen kreuz und quer durch eure Gärten und um auch wieder zu meinem Volk zurückzufinden, nutze ich das polarisierte Licht des Himmels. Damit ist es mir möglich auch bei bewölktem Himmel den Sonnenstand für meine Orientierung zu ermitteln.

Auf der Oberseite der Brust gehören 2 Flügelpaare zur Grundausstattung. Vorder- und Hinterflügel sind mit kleinen Häkchen verbunden. Nicht nur der schnelle Flug ist damit möglich, auch das Kühlen unseres Bienenstocks durch herausfächeln warmer Luft oder das Erwärmen mit Hilfe vibrierender Flügelmuskulatur gehört zu ihren Aufgaben. Bei konstanten 35°C in unserem Bau fühlen wir uns wohl.
Auf der Unterseite der Brust befinden sich, wie bei jedem Insekt, 6 Beine. Das hintere Beinpaar hat einen Bereich mit dichter Behaarung. Dorthin wird der gesammelte Pollen abgestreift. Man nennt es dem Aussehen nach Pollenhöschen. Die Farbe des Höschens wechselt, je nach Pollenfarbe der besuchten Blüten.

Mein Hinterleib beherbergt unter anderem das, wovor viele Angst haben, den Stechapparat. Ein Stachelmechanismus mit Giftblase. Der Giftstachel dient hauptsächlich der Verteidigung des Bienenstocks. Meine Königin, der Nachwuchs und unser Futtervorrat muß gegen Raub- und Fressfeinde geschütz werden.

Wenn ich eure Gärten aufsuche, um Nektar und Pollen zu sammeln, bin ich in friedlicher Mission unterwegs. Eure Trink- und Essgewohnheiten interessieren mich nicht im Geringsten. Die Versorgung meines Volkes ist mir jetzt, in meiner letzten Lebensphase, am Wichtigsten.

Begonnen hatte es mit einem befruchteten Ei meiner Königin. Unbefruchtet wäre ich eine Drohne, also männlich geworden. Die Königin ist, da Alleinherrscherin, für mögliche fünf Jahre die Mutter aller Bienen im Bienenstock. Sie kann, wenn gute Bedingungen herrschen, bis zu 2000 Eier in die Brutwaben legen und das täglich. Sie stellt sicher, dass genügend Bienen jeden Alters im Volk vorhanden sind.

Nach meiner Entwicklung vom Ei, über Larven- und Puppenstadium schlüpfte ich als fertige Biene nach 21 Tagen aus einer sechseckigen Brutwabe. Euer Sprichwort: „Fleißig wie die Bienen“, beginnt für mich sofort nach dem Schlupf, als so genannte Stockbiene. Zunächst für ein paar Tage als Putzbiene. Sauberkeit ist uns angeboren. Weitere Tage verbringe ich als Ammenbiene und pflege unsere Larven in den Brutwaben.
Ich übernehme Nektar und Pollen von den Flugbienen, verarbeite den Nektar zu Honig und lege beides in Waben ab. Honig und Pollen ist unsere Nahrung. Wir Stockbienen füttern unsere Königin und unsere Larven. Wir füttern sogar unsere Drohnen, obwohl diese faulen Kavaliere nicht viele Arbeiten im Bienenstock übernehmen. Der Honigüberschuß wird in den Waben eingelagert und verdeckelt. Er sichert unser Überleben im Winter.
Im Bienenalter von ca. 17 Tagen bin ich eine Baubiene. Mit acht Wachsdrüsen an meinem Hinterleib erzeuge ich kleine Wachsplättchen und baue damit immer exakt gleiche, sechseckige Waben.

Nach etwa 21 Tagen Innendienst als Stockbiene fängt nun meine anstrengende Zeit als Flugbiene an. Um mich mit der Außenwelt bekannt zu machen darf ich zunächst als Wächterbiene am Flugloch meiner Behausung Wache fliegen.
Die letzten 10 bis 15 Tage meiner nur 45-tägigen Lebenszeit verbringe ich in euren Gärten, sammle Nektar- und Blütenpollen und bestäube ganz nebenbei eure Frucht- und Blütenpflanzen. In einer Stunde schaffe ich etwa 1000 Blüten.

In Anbetracht meiner kurzen Lebenszeit und der bienenfleißigen Tätigkeit, welche auch euch zu Gute kommt, bitte ich um Rücksicht und Nachsicht. Erfreut euch an meinem summseligen Tun und setzt bitte keine Gifte ein.

Für unsere Umwelt und im Namen der großen Insektenfamilie sage ich Danke.   

Eure Imme